Fortsetzung des „Ich bin pleite“-Beitrags: Eine Woche ist vergangen, meine Bank lässt mich noch immer nicht auf mein Konto zugreifen.

So fühlt sich das also an, wenn man von der seligen Selbstverwirklichungs-Spitze der Maslow’schen Bedürfnispyramide auf die Essen-Trinken-Schlafen-Überlebensebene herunterfällt. Ich will euch nicht damit langweilen, was ich von Kanada aus und meine Lieben von Wien aus alles versucht haben, um mir wieder Zugang zu meinem Konto zu verschaffen. Kurz gesagt: alles.

Stop, eine Anekdote muss sein: Als bei meiner Bank mal wieder niemand abhob, versuchte ich es mit dem Chatbot. Ich fasste ihm meine Misere in roboterverständlichen Worte zusammen. Er antwortete: „Ich verstehe, Sie haben ein Problem mit Ihren Bankkonditionen.“

Ich nannte ihn einen Trottel.

Was ich eigentlich hier schildern will, ist, was plötzliche Mittellosigkeit mit der Psyche macht. Am Dienstag, als ich noch dachte, das mit den beiden Banken wäre schnell geklärt, suchte ich eine Wechselstube, um meine Not-Euro umzutauschen. Niemand wechselt mehr, auch Banken nicht, alles geht nur mehr digital (sprich: Man braucht eine Karte). Ich fand eine einzige windige Wechselstube, die mir einen horrend schlechten Kurs anbot. Ich fühlte mich gedemütigt und beschämt, mich so betrügen lassen zu müssen.

An Mittwoch stachen mir die vielen „Homies“, die Obdachlosen in den Straßen ins Auge. Die sind, das habe ich schon an anderer  Stelle beschrieben, in Kanada auffallend oft psychisch krank und haben ein Tourette-/Aggressionsproblem. In einem Gastgarten warf einer zwei Damen einen Blumentopf ins Essen. Ich fragte mich, ob ich wohl demnächst mit den Homies auf der Straße leben würde.

Am Donnerstag kaufte ich mir sechs Kartoffeln und einen Becher Rahm, das musste für zwei Mahlzeiten reichen. Der Kassier sah mich seltsam an, als meine Karte schon wieder nicht funktionierte. „Loser“, dachte er wohl. Ich verbrachte den restlichen Tag im Zimmer und schrieb zwei Artikel. Das Salz für die Kartoffeln schüttelte ich aus einer alten Packung Chips. Es ging mir nicht gut.

Am Freitag, dem letzten Tag im vorgebuchten Zimmer, zog ich die Vorhänge nicht mehr auf. Ich wollte von außen nicht mehr gesehen werden. Ab Abend hätte meine Karte – so hatte es mir meine Bank zugesagt – wieder funktionieren sollen. Tat sie nicht. Weil ich ohnehin kein Auge zutun konnte, rief ich um 3 Uhr Früh (9 Uhr in Österreich) wieder einmal bei Card Complete an. Die hoben wenigstens ab. So erfuhr ich, dass meine Bank die Limiterhöhung nicht weitergeleitet hatte und mein Eigenerlag von Dienstag wegen des Feiertags noch immer unterwegs war. Vor Montag würde nicht passieren, sagte die Dame. Selbst dann würde es noch dauern.

* * * *

Vor Jahren hörte ich einmal von der großen Erika Pluhar den Satz, dass man bis zum Boden eines Beckens sinken muss, um sich abstoßen und auftauchen zu können. Dieses Telefonat mit Card Complete war mein Boden. Inzwischen war es 4 Uhr Früh, am Morgen musste ich das Zimmer räumen und hatte keine funktionierende Kreditkarte für ein neues. Ich heulte eine Runde (weil ich ein Mädchen bin), dann riss ich mich zusammen, nahm einen Zettel (die Quittung der betrügerischen Wechselstube) und zeichnete auf der Rückseite eine Mindmap. Wo stehe ich, welche Handlungsoptionen habe ich jetzt, da ich endlich Klarheit habe, dass von den Banken so bald nichts kommt.

Ich begriff, dass ich mich die ganze Woche im Kampf gegen das System aufgerieben hatte. Aus Stolz und im festen Glauben, der Lapsus sei schnell beseitigt, hatte ich kaum die vielen Hilfsangebote aus Österreich und Kanada würdigen können, die mein Blogbeitrag ausgelöst hatte. Freunde wollten mir die Nummern ihrer Kreditkarten senden. Was für ein Vertrauensbeweis! Der kanadische Mann einer Freundin, der mich eben erst kennengelernt hatte, wollte für mich bürgen. Ein Kollege aus meiner vor-vorigen Firma, den ich seit 18 Jahren nicht gesehen hatte, wollte seine Freunde in Montreal aktivieren. Ein anderer die Botschaft mobilisieren. Ein Bekannter von einer anderen Bank bot mir seine Dienste an.

Selbstanalyse: Statt mein Herz an diesen lieben Menschen zu wärmen, rieb ich mich im Kampf gegen die Windmühlen auf und trudelte immer weiter nach unten.

Maslow hatte recht: Wenn du auf die unterste Ebene zurückgefallen bist, kannst du das Glück der dritten Ebene, des sozialen Netzes und der Zugehörigkeit, nicht erkennen. Die Homies, die sich an einer brennenden Mülltonne wärmen müssen, genießen ihr Zusammensein auch nicht.

Nun aber, da ich ganz unten am Boden war und endlich Klarheit über die Windmühlen hatte, konnte ich ins Handeln kommen. Traf Entscheidungen, nahm zwei der Angebote an, in Demut und Dankbarkeit, und hiermit danke ich euch allen von Herzen. Für die nächsten vier Tage bin ich sicher.

Möge euch diese Analyse helfen, wenn ihr einmal in Not seid. Und, auf vielfachen Wunsch und weil ich keinen Grund mehr sehe, meine Hausbank zu schonen: Es ist die Bank Austria.  

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