(Fortsetzung von „Wimperntusche oder: Nachhaltigkeit wiegt schwer“)

Wir betraten das Hotel. Wir, das war eine organisierte Wandergruppe, deren Mitglieder sich eben erst kennengelernt hatten. Nun wollten wir im vorgebuchten Hotel einchecken.

Ich trat als erste an die Rezeption und verkündete fröhlich, dass wir die angemeldete Gruppe XY waren. Die anderen umringten mich.

Die Rezeptionistin holte eine Liste hervor und fragte mich „Ihr Name?“

Ich nannte meinen Namen.

Rezeptionistin, laut: „Geburtsdatum?“

Alle schauten mich an.

Nun muss man wissen: Seit 20 Jahren bin ich immer und überall die Älteste. Davor war ich die Jüngste, das drehte sich von einem Tag zum anderen. In einer Welt, in der Jugend, Frische und Faltenlosigkeit zählen, ist das ein soziales Desaster. Ein karrieretechnisches ohnehin, solange Frauen ab 49 von Aufstieg und Fortbildung abgeschnitten werden. Ein früherer ach-so-juveniler Chef fand das auch noch lustig („Andrea, hörst du eigentlich noch Ö3?“ – lautstark und quer durch den Raum auf einer Weihnachtsfeier. Die Ö3-Zielgruppe endet mit 49 Jahren. Die typische Frauenkarriere auch. Meine nicht.)

Dass in Unternehmen nach dem Geburtsdatum entschieden wird, ist eine Sache. Nicht gut, aber Fakt. Aber muss eine Rezeptionistin ihre Gästin bloßstellen? Sie den abschätzenden Blicken zufällig anwesender Fremder aussetzen („Schaut eh noch gut aus – für ihr Alter“)? Wegen einer Info, die sie nichts angeht? Die der DSG-VO unterliegt, so nebenbei?

Ich fragte die Rezeptionistin, wozu sie mein Geburtsdatum brauche. Weil sich ja sonst jeder für mich ausgeben könne, antwortete sie bestimmt. Resignierend schrieb ich es auf einen Zettel und schob ihn ihr rüber. Sie las es laut vor. Die Wandergefährten checkten mich prüfend ab. Ich war natürlich die bei Weitem Älteste.

In diesem Moment hasste ich die Rezeptionistin aus tiefstem Herzen.

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