Wie ihr euer Business neu erfindet und was ihr dabei von Netflix lernen könnt

Wir mussten es bei der Digitalisierung, jetzt zwingt uns die KI erneut dazu: zu überdenken, wie wir künftig unser Geld verdienen. Das betrifft Selbstständige genauso wie Konzerne. In ihrem Buch „Erfolgreiche Transformation von Geschäftsmodellen in disruptiven Zeiten“ erläutern das Thomas Rudolph und Markus Schweizer anhand ihres „Fünf-Finger-Konzepts“ mit unzähligen Beispielen. Das von Netflix gefällt mir am besten.

Netflix startete in grauer Vorzeit (also in den 1990ern) als Videoverleih. Damals erlaubten US-Väter ihren Kids am Sonntag, zur Videothek zu laufen und sich einen Film auf VHS-Kassette auszuborgen. Das Internet hätte Netflix gnadenlos gekillt, hätte CEO Reed Hastings nicht sein Business umgekrempelt. Erste Regel: Alles, selbst das Kerngeschäft darf in Frage gestellt werden. Ob Reed Hastings nach dem Fünf-Finger-Konzept vorgegangen ist, weiß ich nicht. Nachträglich passt es:

Der Daumen steht für das Leistungsversprechen, vulgo Mission Statement. Bei Netflix: „Den Kunden die beste Videowiedergabe ermöglichen“. Kein Wort von VHS, das öffnete das Denken für neue Technologien. Heute Streaming, morgen… Vielleicht generiert Netflix seine Filme morgen mit der Sora-KI und braucht keine Schauspieler mehr? Was heißt das für euer Business?

Der Zeigefinger ist das Leistungsangebot: Was bieten wir welcher Zielgruppe auf welchem Markt an? Netflix hat inzwischen 1000e Serien, Dokus und Filme, zunehmend selbst produziert. Was ich nicht wusste: Während andere Anbieter ihr Sortiment aufblasen, reduziert Netflix die Anzahl seiner Titel (Kostenersparnis). Den Kunden ist das bisher nicht aufgefallen. Für euch: Egal, was ihr heute macht – könnt ihr es weiterentwickeln? Komplett umbrechen?

Der Mittelfinger beschreibt die Leistungserstellung: Wie bieten wir unsere Leistung an, mit welchen Ressourcen (Menschen, Maschinen, Patente usw.)? Netflix ging weg von den teuren Lizenzkäufen, hin zu Eigenproduktionen. Wusstet ihr, dass euch der Algorithmus nicht die neuesten, sondern wenig nachgefragte Titel empfiehlt? So werden auch alte oder günstige Produktionen genutzt. Die Neuerscheinungen zeigt man euch nur auf der Startseite. Könnt auch ihr eure Leistung ganz anders erbringen als bisher?

Der Ringfinger steht für das Kostenmodell: Wie halten wir unsere Fixkosten möglichst niedrig? (Die variablen auch, aber vor allem die fixen.) Klar, bei Netflix verursachten die alten VHS-Kassetten hohe Material- und Lagerkosten. Jetzt ist alles digital. Um die Ersparnis kann man sich ruhig die neuesten Technologien leisten. Die mutige Auslandsexpansion mit nationalen Produktionen rechnet sich auch langsam (Ach, deswegen bekomme ich so viele japanische Serien angeboten!) Für euch: Wo könnt ihr Fixkosten einsparen? Wo variable?

Der kleine Finger endlich steht für das Ertragsmodell: Ich finde ja, das Ertragsmodell hätte einen größeren Finger verdient. Die Frage lautet: Woran verdienen wir? Dass Netflix die Abogebühren erhöhte und nicht-haushaltszugehörige Nutzer aufspürte (wie eigentlich?) und extra zur Kasse bat, habt ihr wahrscheinlich am eigenen Börsel gespürt. Für Netflix hat es sich gelohnt – dank Mehrumsätzen ohne Mehrkosten ist der Aktienkurs so hoch wie lange nicht. Jetzt kommt die wichtigste Frage für euch: Womit verdient ihr in Zukunft euer Geld?

Fünf Finger, fünf gute Gedanken. Jetzt kann jeder von euch sein Geschäftsmodell in die Zukunft führen. So schwierig ist das nicht!

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