Studenten im Glück

Ich zeig‘ dir meine Uni, sagt Abhay. Oh fein, eine Privatführung vom Herrn Professor! Im Vorbeigehen war da ein Gebäude mit der Aufschrift „Ryerson University“. Da sind wir schnell durch.

Denke ich. Abhay zeigt mir ein Gebäude, noch eines und noch eines und noch eines. Sie nehmen gar kein Ende. Alle top-modern, in einer Lage wie in Wien vom Stephans- bis zum Karlsplatz.

Fast 40.000 Studenten, sagt Abhay. Die University of Toronto hat noch mehr, liegt aber weiter draußen.

Abhay schmuggelt mich in ein auffälliges Solitärgebäude (das auf dem Foto). Ein Standort wie bei uns das Haas-Haus. Was da drinnen ist? Das Learning Center der Ryerson Uni! Sechs Stockwerke nur zum Strebern. Ebenerdig come-as-you-are, im ersten Stock still & konzentriert, im zweiten mit Tutoren, im dritten zum Programmieren, im vierten reservierbare Meetingräume für Gruppenarbeiten mit allem erdenklichen technischen Schnickschnack. Die übrigen Stockwerke habe ich mir nicht gemerkt.

Dahinter eine Baugrube. Straßenseitig stehen noch ein paar abgeranzte Sexshops und ein Cannabis-Store (ganz Toronto riecht nach Cannabis. Nicht nach so zartem wie bei uns, sondern nach richtig starkem Stoff.) Die Sexshops müssen auch noch weg, sagt Abhay. Sie stören das Rektorat.

Weiter geht es zu einem gigantischen Backsteingebäude. Früher war da die legendäre Eishockeyhalle, jetzt ist es das Ryerson’sche Sportzentrum. Wieder sechs Stockwerke, fünf für Studenten zum Trainieren, eines hat ein Supermarkt gemietet. Wir fahren noch oben, unter der mächtigen Glaskuppel läuft ein Curling-Wettbewerb (das Foto unten).

Geld hat die Uni augenscheinlich genug. Aber sie hat auch ein gewaltiges Problem. Ihr ehrenwerter Gründer, Egerton Ryerson (1803 – 1882), war auch Mitgründer der Residential Schools, in denen die Kinder der First Nations (sag niemals “Indianer” zu ihnen) zu wackeren Kanadiern umerzogen werden sollten. So sie es überlebten. Ständig taucht irgendwo ein neues Massengrab auf.

Ryerson heute noch zu ehren geht gar nicht. Also muss sich die Uni umbenennen – was Millionen verschlingen wird. Am neuen Namen wird gerade gefeilt: Favorit ist „Toronto City University“.

Die Sexshops werden wohl noch eine Weile bleiben.

Nur das oberste Stockwerk des gigantischen Komplexes. Alles für die Kids.
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