Wein, Delikatessen, Lifestyle: Der kanadische Markt ist mehr als offen für heimische Spezialitäten. Man muss sie nur richtig einführen. Zehn Hinweise für Exporteure.

1. Nicht einer, sondern viele unterschiedliche Märkte
Machen Sie nicht den Fehler, Kanada als Gesamtmarkt zu betrachten. Auf fast 10 Millionen Quadratkilometer leben nur 38 Millionen Menschen mit sehr unterschiedlichen Demografien. Die zehn Provinzen sind für österreichische Begriffe von ihrer Bundesregierung auffallend unabhängig und kochen sich ihre (Gesetzes-)Süppchen selbst – auch für den Import ausländischer Köstlichkeiten.  Der Vollständigkeit halber: Neben den Provinzen gibt es noch drei Territorien, doch die sind für einen Markteintritt zu vernachlässigen.

Die Entscheidung, in welcher Provinz Sie starten, hängt von Einwohnerzahl und ethnischer Zusammensetzung ab. Das französischstämmige Québec ist ein heißer Tipp, weil man dort überdurchschnittlich viel Geld für Lebens- und Genussmittel ausgibt und solchen mit europäischer Herkunft und qualitativ hochwertigem Ruf äußerst zugetan ist. Auch das englischstämmige Ontario mit seiner quirligen Metropole Toronto ist eine Überlegung wert. Im Westen in British Columbia (BC) lockt Vancouver, doch Achtung: Dort ist Bio zwar im Trend, nicht aber bei der stark wachsenden asiatischen Bevölkerung. Und ganz BC hat nur fünf Millionen Einwohner.

2. Immer zweisprachig
„Kann eh jeder Englisch“: Österreicher meinen oft, es genüge, in englischer Sprache mit ihren Kunden zu kommunizieren. Ganz falsch: Kanada ist konsequent zweisprachig. Jedes POS-Plakat, jedes Social-Media-Posting, jede Produktverpackung muss zwingend in Englisch und Französisch gehalten sein, egal, was in dieser Provinz dominiert. Zusätzlich gibt es bei Etiketten sehr strenge Vorschriften, die Sie beachten müssen.

3. Qualität herausstreichen
Die kanadische Wirtschaft erwies sich in der Corona-Krise als außerordentlich resilient. Einbrüche sind längst aufgeholt, überall herrscht Fachkräftemangel. Wie in Österreich steigen die Preise gerade markant. Das verfügbare Einkommen wird umverteilt: Beim Auto wird gespart – aktuell werden massenhaft Pick-ups mit 20 Litern Verbrauch pro 100 Kilometern auf den Markt geworfen -, beim Essen aber will man sich etwas leisten. Der kanadische Konsument sucht Bio- und nachhaltige Produkte von ausgewiesen hoher Qualität. Diese Eigenschaften gehören herausgestrichen, ebenso das eigenen Know-how in der Herstellung. Übrigens: Die Tür für gesunde Snacks steht weit offen.  

4. Kennzeichnen, was geht
Besonders die anspruchsvollen Konsumenten in Québec verstehen sich auf Kennzeichnungen. Sie wissen sie nicht nur zu deuten, sondern suchen ganz konkret etwa nach Produkten mit den Herkunftsbezeichnungen PDO (Protected Designation of Origin, für Lebensmittel und Weine), PGI (Protected Geografical Indication, ebenfalls für Lebensmittel und Weine) oder GI (Geographical Indication, für Spirituosen). Kanadische Hersteller arbeiten stark mit Labels wie diesen. Österreichische Exporteure müssen sie sie von Anfang an in ihre Konzepte einbeziehen.  

5. Her mit Bio-Wein
Bio und nachhaltig liegt im Trend, ganz besonders beim Wein. Bei Weinen hat Österreich einen der höchsten Bio-Anteile weltweit – das gehört betont! Für kanadische Konsumenten ist das ein starker Kaufanreiz.

6. Vorsicht, Alkohol-Monopol in Québec und Ontario
In der genießerischsten Provinz Kanadas hat die Société des Alcools du Québec (SAQ) das Monopol für den Handel mit alkoholischen Getränken. In gewisser Weise ist sie damit der größte Weinkeller der Welt. Nichts geht an ihr und ihren Weinhandlungen vorbei. Dafür kann man sich auf die Qualität des Angebots und die Expertise der Mitarbeiter verlassen. Wer also Alkoholika nach Québec einführen will, gleich ob an Endkonsumenten oder an Restaurant und Bars, braucht zwingend einen versierten Agenten, der die Genehmigungsprozeduren kennt. Am besten, man betrachtet die SAQ und ihr Pendant LCBO (Liquor Control Board of Ontario) in der Nachbarprovinz nicht als Hürde, sondern als einen Prozess, der eingehalten werden muss. Wer beim Import von Weinen Hilfe braucht, wende sich an das AußenwirtschaftsCenter Toronto oder das Außenwirtschaftsbüro Montreal. Übrigens: Eben führte SAQ ein neues Labelsystem ein, ob Wein „bio“, „natürlich“ oder „normal“ hergestellt wurde – ein weiteres Beispiel für die kanadische Kennzeichnungsfreude.

7. Käsemarkt wächst und wächst
In den großen Supermärkten gibt es lange Regale mit amerikanischem Cheddar-, Toast- und Pizzakäse – und elitär freistehende Kühltruhen mit europäischen Käsespezialitäten, vornehmlich Camemberts und Roqueforts. Dort gehören mehr Österreicher hinein! Wie passend, dass kürzlich die CETA-Käsequote erhöht wurde. Die Kunst ist, einen Distributionspartner zu finden, der von der Atlantik- bis zur Pazifikküste und in allen lokalen Märkten präsent ist. Auch hier helfen das AußenwirtschaftsCenter Toronto und sein kanadisches Team gerne.

8. Zutatenliste prominent platzieren
Noch eine Behörde: Die Canadian Food Inspection Agency (CFIA) kümmert sich um die Lebensmittelsicherheit von heimischen und importierten Erzeugnissen. Es lohnt sich, präventiv abzugleichen, ob tatsächlich alle Zutaten der eigenen Ware auch in Kanada erlaubt sind. Auf Verpackungen sind Zutaten und Nährwertangaben deutlich prominenter und besser lesbar präsentiert als in Österreich – natürlich zweisprachig.

9. Sichtbar sein
In den Regalen vertreten zu sein genügt nicht. Für jedes Produkt braucht es zwingend eine eigene Strategie, wie es an den Konsumenten kommt. Ohne digital geht gar nichts.

10. Auf Messen ausstellen
So einfach wie wichtig: Messen und Ausstellungen wurden in der Pandemie schmerzlich vermisst. Umso regeren Zustrom haben sie derzeit. Der letzte heiße Tipp heißt SIAL: Heuer fand die größte nordamerikanische Food-&-Beverage-Messe in Montréal statt, 2023 kommt sie von 9.-11. Mai nach Toronto. Dort wird es wieder einen Österreich-Gruppenstand geben.

Diese zehn Hinweise stammen von Diane Saterne, Managing Director Kanada der auf Food & Drink spezialisierten Kommunikationsagentur Sopexa (https://sopexa.com), und von Gregor Postl, Konsul und Wirtschaftsdelegierter Austria in Toronto (www.advantageaustria.org/ca, toronto@wko.at). Santerne arbeitete u.a. für die AMA Käsekampagne und für die Österreich Weinmarketing GmbH.

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