Lobsterland

Veröffentlicht am By Andrea Lehky

In Österreich läuft manches schief. Darüber sehen wir nicht, was gut läuft. Richtig gut.

Die Pandemie war schlimm, erzählt eine neue kanadische Freundin. Vor allem das erste halbe Jahr. Eingesperrt war man in seinem Haus, durfte nur dort ebenfalls gemeldete Familienmitglieder und zwei weitere Bezugspersonen sehen. Ein halbes Jahr lang.

Dazu muss man wissen: Wir befinden uns auf Prince Edward Island, dem Lobsterland, berühmt für Hummer, Austern und Erdäpfel. Einsamkeit ist hier Programm. Die Distanzen sind groß, die Farmen stehen weit auseinander, die Communities sind dafür umso lebhafter. Man hilft sich, tauscht Eier gegen Gemüse, sitzt oft beisammen, grillt, trinkt Bier.

Plötzlich war alles verboten.

Umso schlimmer, erzählt die neue Freundin beim Dünenspaziergang am endlos-leeren Strand, ihre einzige Tochter war gerade schwanger, hätte Hilfe gebraucht, aber sie konnte nicht, weil sie dummerweise ihre Söhne als Kontaktpersonen angegeben hatte. Das Baby sah sie erst Monate nach der Geburt.

Warum habt ihr euch nicht getestet und dann getroffen?, frage ich entgeistert.

Tests? Welche Tests?

Es gab keine Tests in Kanada. Im Anlassfall, ja, für 150 Dollar das Stück.

Die Nasenbohrer-, Heim-, Gurgel-, PCR-, Antigentests, die wir in Österreich im Überfluss hatten – und gratis hatten! – die gab und gibt es nicht.

Kurzes Nachdenken. Ja, wir wir hatten auch Einschränkungen und wir haben sie ernst genommen. Aber wir konnten uns testen lassen und dann Freunde treffen, zum Spaziergang im Park, dem neuen Volkssport. Wir hatten Teststationen im Büro und konnten unsere Kollegen sehen, einige wenigstens. Wir konnten mit unseren Lieben Weihnachten feiern und Ostern, getestet und selbstverpflichtet. Zumindest die meisten von uns – an dieser Stelle bitte ich die besonders Gefährdeten, die Immunsupprimierten und die ganz Alten um Nachsicht.

Die meisten von uns konnten nach den ersten Schockwochen ihrem Leben wieder Qualität geben. Weil wir die Tests hatten. Umstandslos und gratis.

Manchmal muss man weit weit weg fliegen, um für das Daheim dankbar zu sein.

Das meine ich mit einsam: die fast leere Konföderationsbrücke, die Prince Edward Island mit dem Festland verbindet, …
… eine Meeresbucht bei Ebbe…
… der Brudenell River Provincial Park im Osten, leer (bis auf ein Streifenhörnchen, das mich begleitete) …
… und ich beim bewussten Strandspaziergang auf der komplett menschenleeren Cavendish Beach im Norden. In der Vorsaison unterwegs zu sein hat Vorteile. Alles mein’s!
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