Wer mich kennt, weiß, dass mir Menschen imponieren, die sich weiterentwickeln. Wie diese entzückende junge Frau aus Thailand.
Als ich sie kennenlernte, war sie eine bildhübsche, blutjunge und sehr begabte Malerin. Auf ihrer Heimatinsel irgendwo im Golf von Thailand saß sie an der Straße und malte wunderschöne Ölbilder. Ein Drittel des Erlöses musste sie dem Mann geben, in dessen Laden sie ihre Bilder ausstellte.
Zwei Jahre später hatte sie einen eigenen Laden. Sie malte Tag und Nacht.
Wieder zwei Jahre später konnte sie nicht mehr malen. Die Farbdämpfe taten ihren Lungen nicht gut. Aufhören? Kam nicht in Frage. Inzwischen hatte sie eine kleine Tochter zu ernähren.
Also kaufte sie einen Tattoostuhl und mauserte sich zur gefragten Bamboo-Tattookünstlerin. Für die Maschinentattoos stellte sie zwei Männer an. Die Touristen kamen von weit und breit, ihr Laden war immer voll.
Coronabedingt dauerte es eine Weile, bis ich sie wieder besuchen konnte. Jetzt stehen da zwei Tattoostühle, an denen fünf Angestellte in Touristenrücken herumstechen. Das Geschäft nebenan hat sie dazugemietet. Dort verkauft sie CBD und andere legale Hanfprodukte. Die sind momentan der Hit. Obwohl auf ihrer Insel an jeder Ecke ein Hemp-Geschäft lockt, kaufen alle bei ihr. Weil sie so schöne Bilder an die Wand gemalt hat (siehe Foto). Die hat sonst niemand.
Warum ich euch diese Geschichte erzähle? Weil ich diese Frau ehrlich bewundere. Sie entwickelt sich stetig. Sie wendet ihr großes Talent – das Malen – immer wieder neu an. Sie investiert in erfolgversprechende Trends. Sie traut sich etwas. Sie geht Risiken ein, die sie überblicken kann. Sie ernährt ihr Kind. Sie jammert nie.
Ich finde, wir können viel von ihr lernen.